«Die Welt mitgestalten»
Die Präsidentin von Oikocredit deutsche Schweiz über ihre Motivation, Geld und den Spass an der Arbeit.
Dieser Beitrag stammt von Stéphanie Erni (olive - Die Grünen Seiten des Lebens - 4/2018)
Frau Straub, Sie sind Geschäftsleiterin, Lehrerin, Vorstandsmitglied bei verschiedenen Organisationen. Gibt es bei ihren Engagements einen gemeinsamen Nenner?
Etwas Positives bewirken und die Welt so mitgestalten, dass sie besser wird, das ist mein grundsätzlicher Antrieb.
Der Spassfaktor wird bei angehenden «Kaospilots» der gleichnamigen Unternehmerschule bei jedem Projekt abgefragt. Sie sind Vorstandsmitglied dieser Schule: Wie sieht es bei Ihnen aus? Macht Ihnen Ihre Arbeit grundsätzlich Spass?
Im grossen Bogen sicher. Ich kenne natürlich auch Tage und Arbeiten, die nicht toll sind, aber es ist ein Privileg, wenn man sich sein Engagement aussuchen kann. Ich kann meine Energie in Projekte stecken, bei denen für mich auch der Rahmen stimmt, also neben dem Produkt auch die Mitarbeitenden, die Führungsstruktur etc.
Bei den Kaospilots kümmern Sie sich um die Finanzen. Beim Verein «Oikocredit deutsche Schweiz», der nachhaltige Geldanlagen anbietet und vergibt, sind Sie seit 2017 Präsidentin. Liegen Ihnen Zahlen denn besonders?
Ich habe jedenfalls keine Angst davor. Und auch keine Angst vor der Verantwortung, die damit zusammenhängt. Ich weiss ja auch, dass ich die nicht alleine trage.
Geld ist bei allen Projekten ein entscheidender Faktor...
Ja, Geld ist mächtig, weil damit viel erreichbar ist, wenn es richtig eingesetzt wird. Wenn die Mittel fehlen oder ein Projekt nicht korrekt durchgerechnet ist, dann scheitern die Ideen oder versanden bei der Umsetzung.
Für «Oikocredit» engagieren Sie sich schon seit 2005. Wie sind Sie dazu gekommen?
Nach dem Studium habe ich ein Praktikum bei dem PR-Unternehmen absolviert, das die Geschäftsstelle des Vereins führte. Ich hab schon damals Events und Standaktionen für Oikocredit organisiert. Nach dem Praktikum bin ich in den Vorstand eingetreten.
Weshalb? Was hat Sie überzeugt?
Nicht zuletzt die partizipative Struktur. In der Schweiz ist Oikocredit ein Verein, international eine Genossenschaft. Da sitzt man mit Menschen unterschiedlichster Herkunft, auch kulturell, an einem Tisch, findet Lösungen und kreiert Visionen. Ich bin gerne Teil dieser weltweiten Bewegung, die sich für eine gerechtere Verteilung der Mittel einsetzt.
Wohin wollen Sie als Präsidentin den Verein führen?
Es geht ja nicht nur darum, Projekten die Finanzierung zu ermöglichen, sondern auch darum, dass es auf der anderen Seite eine Möglichkeit gibt, sein Geld ethisch sinnvoll anzulegen. Vielen ist Oikocredit noch kein Begriff. Sie sind sich nicht bewusst, dass sie auch mit ihrer Geldanlage oder ihrem Pensionskassenkapital nachhaltig helfen können. Dass es eine Rolle spielt, wo das Geld arbeitet.
Sie engagieren sich beruflich für mehr Nachhaltigkeit. Wie sieht es privat aus?
Das ist für mich ein Dauerthema. Aber auch ein steter Konflikt. Ich habe kein Auto und wenn ich irgendwohin reise, gehe ich möglichst mit dem Zug. Aber was, wenn ein Flug nicht zu vermeiden ist? Ich versuche stets zu erfassen, was dahinter steckt. Bewusst entscheiden, ist die Devise.
Was wollen Sie als Lehrerin für Wirtschaft und Recht am Gymnasium Winterthur ihren Schülerinnen und Schüler weitergeben?
Sie sollen lernen, kritisch zu hinterfragen und selber zu recherchieren, um herauszufinden, was richtig und was falsch ist.
Sie sprechen neben Deutsch noch Englisch, Französisch, Spanisch und Holländisch. Sind Sie sowohl Finanzexpertin als auch Sprachengenie?
Nein, aber wenn ich die Welt verstehen möchte, muss ich die Menschen verstehen. Ich möchte mich mit den Leuten vor Ort austauschen können. Dafür sind Sprachen nun mal wichtig.
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