Zu Besuch bei peruanischen Kaffeebauern
Anfang des Jahres reiste eine Gruppe von Oikocredit-Anleger*innen in das Herz der peruanischen Kaffeeproduktion in der Region Cajamarca. Im Rahmen der Oikocredit Journeys trafen wir kompetente und fleissige Kaffeebäuerinnen und –bauern sowie engagierte Genossenschaften und sahen aus erster Hand die sozialen Auswirkungen der Oikocredit-Finanzierung auf Kleinbäuerinnen und –bauern sowie ihre Familien. Hier sind einige Eindrücke unseres Besuchs.
Genossenschaften und Zertifizierung sind wichtig
Die Zugehörigkeit zu einer Genossenschaft und die Erlangung von Zertifizierungen (wie Bio, Fairtrade oder Rainforest Alliance) können das Leben der Bäuerinnen und Bauern erheblich beeinflussen. Wie im Fall von Kelly Aranda Chuqihuanga, Mitglied der Oikocredit-Partnergenossenschaft Cooperativa Agraria Frontera San Ignacio (COOPAFSI). Zusammen mit ihrem Mann Hernan baut sie auf sechs Hektar steiler Hänge in einem abgelegenen Gebiet nördlich von San Ignacio Bio- und Fairtrade-Kaffee und andere Früchte an.
Mit technischer Unterstützung von COOPAFSI konnte Kelly den Ertrag und die Qualität ihrer Kaffeeernte verbessern. Zusammen mit den Prämien, die sie durch Bio- und Fairtrade-Zertifizierungen erhält, bedeutet dies ein höheres Einkommen für ihre Familie. Der verbesserte Lebensstandard hat es Kelly und Hernan ermöglicht, eine Toilette und Küche zu bauen und in die Ausbildung ihrer Kinder zu investieren – das älteste hat gerade die Universität abgeschlossen.
Kaffeebäuerin Kelly Aranda Chuqihuanga (vorne) und Oikocredit-Investorin Adriana Campi pflücken gemeinsam Kaffeekirschen.
Qualitätskaffee stärkt die wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit
Sorgfältig angebauter hochwertiger Kaffee kann den Bäuerinnen und Bauern ein stabiles Einkommen sichern. Das weiss und lebt Mauro Perez Bustamante, Mitglied des Oikocredit-Partners Coopac Norandino, vor.
Er nutzte Darlehen der Kredit- und Spargenossenschaft, um seine Kaffeeplantage auszubauen und in die Ausbildung seiner vier Söhne zu investieren. Mauro zieht es vor, seinen hochwertigen Kaffee an Caravela, ein privates Kaffeeunternehmen zu verkaufen, statt an eine Kaffeegenossenschaft.
Die technische Unterstützung durch den Oikocredit-Partner Caravela hat Mauro geholfen, Spitzenkaffee anzubauen, der bessere Preise erzielt und seine Abhängigkeit von den schwankenden Weltmarktpreisen verringert. „Ich baue besseren Kaffee an als die meisten anderen, und Caravela zahlt mir dafür einen besseren Preis“, erzählte er mir bei einem gemeinsamen Mittagessen.
Klimawandel: Bestimmte Kaffeepflanzen sind resistenter
Alle Bäuerinnen und Bauern, mit denen wir sprachen, berichteten von den zunehmenden Auswirkungen des Klimawandels auf ihre Kaffeeplantagen. Wilson Jonny Silva Sanchez, ehrenamtlicher Vorsitzender der Oikocredit-Partnergenossenschaft Sol y Café, erklärte, dass die jüngsten Dürren die Ernte verzögert und zu kleineren Kaffeebohnen geführt haben. Das wiederum wirkt sich negative auf Qualität und Preise aus.
Auf seiner Kaffeefarm experimentiert Wilson jetzt mit widerstandsfähigeren Kaffeepflanzensorten. Alle Bauern, mit denen unsere Gruppe zusammentraf, nehmen jetzt an Aufforstungsprogrammen teil und pflanzen Bäume, die ihre Kaffeepflanzen beschatten und schützen.
Arbeit im Kaffeesektor: Attraktivität und Herausforderungen
Der arbeitsintensive Charakter des Kaffeeanbaus bringt eine Reihe von Herausforderungen mit sich.
Es wird immer schwieriger, junge Menschen zu finden, die bereit sind, im Kaffeesektor zu arbeiten. Die jüngere Generation, die oft über eine bessere Ausbildung als ihre Eltern verfügt, sucht in der Regel nach alternativen Karrieremöglichkeiten und hat kaum Interesse, die Kaffeefinca der Familie zu übernehmen.
Für die Zukunft der nachhaltigen Nahrungsmittelproduktion ist es von entscheidender Bedeutung, die Attraktivität von Berufen im Kaffeesektor und in anderen landwirtschaftlichen Bereichen zu erhöhen. Initiativen wie die vom Oikocredit-Partner Sol y Café ins Leben gerufene Schule ermutigen Kinder, sich mit landwirtschaftlichen Tätigkeiten vertraut zu machen, indem sie z. B. die Gärtnerei der Schule betreuen. „Die Schule basiert auf unserer Genossenschaftsphilosophie. Hier teilen wir unsere Kultur und unsere Leidenschaft für die Landwirtschaft mit den Kindern unserer Mitglieder, Beschäftigten und der örtlichen Gemeinschaft“, berichtete Geschäftsführer Gerardo Alcarón Cubas.
Bei seiner Reise zu verschiedenen europäischen Niederlassungen von Oikocredit berichtete er, dass sich die Kinder nach Abschluss der Schule zwar doch oft für einen anderen Beruf entscheiden. “Aber sie bleiben dennoch Botschafter für den nachhaltigen Anbau von Kaffee und wissen, wie man guten Kaffee erkennt und zubereitet.”
Geschäftsführer von Sol y Café, Gerardo Alcaron Cubas (Dritter von links), und die Schüler*innen der Genossenschaftsschule erklären Oikocredit-Anleger*innen, was sie in ihrer Gärtnerei anbauen.
Oikocredit: Überbrückung der Finanzierungslücke
Die Kaffeepartner von Oikocredit sehen sich mit einer jährlichen Finanzierungslücke konfrontiert, die ihre Betriebs- und Wachstumsfähigkeit beeinträchtigt. Wenn die Bäuerinnen und Bauern bereit sind, ihre Kaffeeernte zu verkaufen, müssen die Genossenschaften und Verarbeitungsbetriebe sie umgehend bezahlen. Selbst erhalten sie die Zahlungen jedoch erst zwei bis drei Monate später, nachdem ihr Kaffee verarbeitet und nach Europa oder andere Kontinente verschifft wurde.
Donald Delgado Sanchez, Geschäftsführer vom Oikocredit-Partner UNICAFEC, berichtete uns, wie wichtig die Oikocredit-Darlehen für seine Genossenschaft sind: „Wir sind dankbar für die Kredite, die wir zeitnah bekommen und die es uns ermöglichen, unsere Mitglieder sofort auszuzahlen. Ohne diese Finanzierung würden unsere Mitglieder ihren Kaffee an andere Abnehmer verkaufen.“
Oikocredit ist oft nicht die einzige Geldgeberin, wie wir zum Beispiel von Lenin Tocto Minga, dem kaufmännischen Leiter bei unserem Partner Finca Churupampa, erfuhren. Aber Oikocredit und andere Impact-Investor*innen bieten niedrigere Zinssätze als lokale Banken und unterstützen die Partner auch durch andere Massnahmen wie Beratung und Schulungen.
In schwierigen Zeiten steht Oikocredit ihren Partnern zur Seite, wie sich bei unserem Besuch bei Sol y Café zeigte. Als die Genossenschaft aufgrund der Pandemie in finanzielle Schwierigkeiten geriet, gewährten die örtlichen Banken keinen Kredit, aber die Genossenschaft konnte sich dank der kontinuierlichen Finanzierung durch Oikocredit wieder erholen.
Teilnehmer*innen der Oikocredit-Journey besichtigen die Kaffeeverarbeitungsanlage des Oikocredit-Partners Finca Churupampa.
Eine neue Wertschätzung für Kaffee
Die Reise nach Peru hat uns einen Einblick gegeben, wie viele verschiedene Schritte nötig sind, um eine Tasse Kaffee zubereiten zu können. Von der Bohne bis zur Tasse wurde deutlich, dass die Kaffeewirtschaft in Peru und anderswo auf einem Netz von miteinander verknüpften Faktoren beruht.
Genossenschaften spielen eine entscheidende Rolle. Mit ihrer finanziellen und technischen Unterstützung können Kleinbäuerinnen und -bauern ihre Praktiken verbessern und ihre Produkte effektiv vermarkten. Zertifizierungen stellen sicher, dass der Kaffee hohe Qualitäts- und Nachhaltigkeitsstandards erfüllt und die Wirkung des Kaffeeanbaus auf Natur und Mensch verbessert wird. Ein Fokus auf Klimaresilienz hilft den Bäuerinnen und Bauern, sich an die veränderten Bedingungen anzupassen. Vor allem aber ist eine verlässliche Finanzierung für den Erhalt und das Wachstum des Kaffeesektors von entscheidender Bedeutung.