Wie Impact Investing Frauen stärkt

Wie Impact Investing Frauen stärkt

Adama Bah by GENEVIÈVE CHASSÉ portraits.jpgMontag 23 Oktober 2023

Der neueste Wirkungsbericht von Oikocredit International unterstreicht, warum die Stärkung und die finanzielle Inklusion von Frauen im Mittelpunkt des Engagements der Genossenschaft stehen. Beide Faktoren sind Stützpfeiler für globale Gerechtigkeit und für eine Welt, in der die Ressourcen nachhaltig verteilt werden und alle Menschen die Wahlmöglichkeiten haben, die sie für ein Leben in Würde brauchen. Anlässlich der Veröffentlichung des Wirkungsberichts 2023 gibt Adama Bah, Social Performance Analyst bei Oikocredit , Einblicke in die Arbeit der Genossenschaft Oikocredit im Bereich „Women Empowerment“. Adama Bah arbeitet seit drei Jahren bei Oikocredit. Ihr Fachwissen im Bereich der sozialen Entwicklung ermöglicht einen genauen und datengestützten Einblick in aktuelle Projekte.

Was bedeutet die Arbeit von Oikocredit für Vielfalt und Inklusion für Sie persönlich? 

Die Förderung von Vielfalt und Inklusion ist für mich wichtig und selbstverständlich. Ich glaube, dass die Gesellschaft als Ganzes davon profitiert, wenn Frauen und Menschen, die in irgendeiner Weise benachteiligt sind, ihre Möglichkeiten entfalten und ihre eigenen Entscheidungen im Leben treffen können. Deshalb bin ich froh, bei Oikocredit zu arbeiten – denn der Gedanke der Chancengleichheit für alle ist seit fast fünfzig Jahren in ihrem Auftrag und ihrer Vision einer fairen und gerechten Gesellschaft verankert. Seit ich bei Oikocredit bin, habe ich festgestellt, dass die Förderung der Geschlechtervielfalt und die Stärkung der Rolle der Frauen in unserer DNA liegt und bis heute zu vielen Initiativen geführt hat. 

Nehmen wir ein Beispiel: Oikocredit hat 2010 eine ESG-Scorecard (Environmental, Social, Governance) entwickelt, um die Bewertung der sozialen Leistungsfähigkeit unserer Partner in den verschiedenen Teams, Regionen und Ländern, in denen wir arbeiten, zu vereinheitlichen. Bereits diese Scorecard berücksichtigte die Faktoren „Geschlechtervielfalt“ und „Vertretung von Frauen auf allen Ebenen der Organisationen“. Für mich ist es sehr wichtig, dass der Fokus Vielfalt und Inklusion so weit zurückreicht und in unseren Prozessen fest verankert ist.

Gibt es ein aktuelles Projekt im Zusammenhang mit der Stärkung der Rolle der Frau und Inklusion, das Sie besonders beeindruckt hat? 

In diesem Jahr habe ich mehrere Interviews und Fallstudien mit Partnerorganisationen über ihren Weg zu mehr Vielfalt durchgeführt. Der erste Schritt bestand darin, die Daten zu sichten und mich mit KollegInnen aus unseren Regionalbüros auszutauschen. Zusammen haben wir Partnerunternehmen identifiziert, die „Diversity“ fördern. Dabei wurde mir klar, dass wir im Oikocredit-Netzwerk eine ganze Reihe von Vorreitern haben. 

Insgesamt waren diese Gespräche sehr inspirierend. Alle Menschen, mit denen ich im Rahmen dieses Projekts zu tun hatte, sind sich einig, dass es sich bei sich um eine Reise hin zu mehr Geschlechtervielfalt handelt und nicht um eine "Ja-oder-Nein-Situation". Es gibt immer Raum für Verbesserungen. Ein weiterer inspirierender Aspekt ist die Erkenntnis, wie unterschiedlich unsere Partnerorganisationen in Bezug auf ihre geografische Lage, ihre Grösse und ihr Alter sind und wie unterschiedlich sie an dieses Thema herangehen. 

Besonders freue ich mich über die kürzliche Investition von Oikocredit in die erste Sozialanleihe für Vielfalt und Inklusion in Ecuador. Diese wurde von unserem langjährigen Partner Cooperativa Jardín Azuayo gemeinsam mit IDB Invest aufgelegt. Es handelt sich um die weltweit erste Anleihe mit Anreizen, die an die Erreichung sozialer Ziele geknüpft sind. Die Kooperative Jardín Azuayo wird die Finanzierung dafür verwenden, kleinsten, kleinen und mittleren Unternehmen, so genannten KKMU, den Zugang zu Finanzdienstleistungen zu erleichtern. Es sind Unternehmen, die von Frauen, indigenen Gemeinschaften, MigrantInnen, Menschen mit niedrigem Einkommen oder niedrigem Bildungsniveau geführt werden oder sich in deren Besitz befinden.  

Wie will Oikocredit die Führungsrolle von Frauen bei ihren Partnerorganisationen weiter fördern? Warum ist das wichtig?  

Wir sammeln und kommunizieren weiterhin Belege dafür, dass es sich für Organisationen lohnt, die Führungsrolle von Frauen zu fördern. Mehr Frauen in Führungspositionen und mehr Frauen in der Belegschaft sind nicht nur „nice to have". Eine Organisation, die mehr Frauen einbezieht, hilft, Talente anzuziehen und zu halten. Und MitarbeiterInnen, die sich wirklich wertgeschätzt fühlen, sind zufriedener mit ihrer Arbeit. Das kann wiederum die Produktivität steigern. Eine vielfältigere Belegschaft ermöglicht es, unterschiedliche Ansichten und Erfahrungen einzubringen. Das kann zur Entwicklung von Produkten beitragen, die den Bedürfnissen der KundInnen besser entsprechen. Darüber hinaus kann eine stärkere Präsenz von Frauen in Führungspositionen die finanzielle und kommerzielle Leistung von Unternehmen beeinflussen. 

Wir wollen nicht nur den Geschäftsnutzen aufzeigen, sondern auch Erkenntnisse darüber ermitteln, was in der Praxis funktioniert und was nicht. Dadurch wollen wir unsere Partnerunternehmen auf ihrem eigenen Weg zu mehr Geschlechtervielfalt unterstützen. 

Der neue Wirkungsbericht zeigt, dass „Energiearmut“ eine starke geschlechtsspezifische Dimension hat. Können Sie das näher erläutern und uns sagen, was Oikocredit in diesem Bereich tut?  

In Ermangelung anderer Energiequellen wird vor allem in Afrika Biomasse wie Holz und Holzkohle für die Beleuchtung oder zum Kochen verwendet. Frauen und Mädchen sind in der Regel damit beauftragt, Feuerholz zu sammeln. Diese Aufgabe ist zeitaufwändig und anstrengend und hält sie von anderen Tätigkeiten ab. Darüber hinaus wirkt sich die Verwendung umweltschädlicher Kochbrennstoffe negativ auf die Gesundheit von Frauen und Mädchen aus, da sie den Rauch von offenen Feuern und traditionellen Herden einatmen. 

Die Entlastung der Haushaltsbudgets durch den Zugang zu erschwinglicher sauberer Energie kann dazu beitragen, einige der Herausforderungen zu bewältigen, mit denen Frauen und Mädchen konfrontiert sind. Der Zugang zu sauberem Kochen hilft Frauen und Mädchen, negative gesundheitliche Auswirkungen zu vermeiden und mehr Kontrolle über ihre Zeit zu erlangen. Mit dieser gewonnenen Zeit können sie sich anderen produktiven Tätigkeiten oder Freizeitaktivitäten widmen. 

Gleichzeitig wäre es sinnvoll, weitere Forschungsarbeiten durchzuführen, um zu verstehen, wie die Wirkung der erneuerbaren Energien weiter gesteigert und wie Frauen und Mädchen weiter gestärkt werden können. So würde beispielsweise eine stärkere Vertretung von Frauen in den Führungsetagen von Organisationen in diesem Sektor höchstwahrscheinlich auch nützliche Vorteile für deren Kundinnen bringen.

Der neue Wirkungsbericht konzentriert sich auch auf die Landwirtschaft. Was sind die Herausforderungen bei der Stärkung der Rolle der Frauen in der Landwirtschaft?  

In der Landwirtschaft sind Frauen gleichberechtigte Akteurinnen und leisten genauso viel oder sogar mehr als Männer. Leider wird ein grosser Teil dieser Arbeit nicht wahrgenommen oder unterbewertet. 

Eine Herausforderung besteht darin, den Beitrag der Frauen besser sichtbar zu machen und zu würdigen. Ein Teil des Problems ist, dass Frauen häufig nicht Eigentümerinnen des Bodens sind. Die Mitgliedschaft in einer landwirtschaftlichen Genossenschaft ist manchmal an die Person gebunden, die das Grundstück besitzt. Doch an der Arbeit auf dem Land sind häufig viele Mitglieder des Haushalts beteiligt – darunter auch Frauen. Sie bewirtschaften den Boden und tragen letztlich zur Produktion bei, die an die Genossenschaft verkauft wird. In dieser Hinsicht ist es wichtig, eng mit unseren Partnerorganisationen zusammenzuarbeiten. So können wir sicherstellen, dass die Vorteile einer Genossenschaftsmitgliedschaft, wie der Zugang zu Schulungen und Betriebsmitteln, auch für die Familienmitglieder gelten.  

In einigen Wertschöpfungsketten ist der Beitrag der Frauen sehr sichtbar. Ein Beispiel ist die Cashewnuss-Branche, in der die Côte d'Ivoire der weltweit grösste Erzeuger und Exporteur ist. In diesem Sektor sind Frauen die Hauptakteurinnen in der gesamten Wertschöpfungskette – von der Produktion bis hin zur Ernte und Verarbeitung der Nüsse. Einige unserer Partnerorganisationen aus dieser Branche haben konkrete Schritte unternommen, um die Präsenz von Frauen auf allen Ebenen der Organisationen zu stärken. Eine umfassendere Untersuchung würde uns hier helfen, besser zu verstehen, wie die Frauen profitieren, mit welchen Herausforderungen sie konfrontiert sind und wie sie im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen abschneiden. Eine solche Vertiefung würde auch dazu beitragen, herauszufinden, wie Oikocredit ihre Partnerunternehmen bei der Förderung der Gleichstellung der Geschlechter und der Verbesserung der sozialen Wirkung unterstützen kann.  

Generell müssen wir, um die Ungleichheit unter den Geschlechtern zu bekämpfen, landwirtschaftliche Wertschöpfungsketten inklusiver gestalten. Und wir müssen und wollen mehr Forschung betreiben, um die größten Herausforderungen für Frauen zu ermitteln und konkrete Massnahmen zur weiteren Stärkung der Frauen in Zusammenarbeit mit unseren Partnerorganisationen zu finden. 

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