Vierteljährlicher Bericht: Der Krise trotzen
Viermal im Jahr veröffentlicht Oikocredit die neusten „Fakten und Zahlen“. In diesem Beitrag bieten wir Hintergrundinformationen zum ersten Quartal 2020.
Die Arbeit von Oikocredit wurde im ersten Quartal dieses Jahres durch den Ausbruch der Coronavirus-Pandemie beeinträchtigt. Dies hat eine Anpassung unserer Pläne und Prognosen erforderlich gemacht. Im März haben wir daher das geplante Wachstum unseres Anlageportfolios verschoben und die Refinanzierung von Projekten im globalen Süden reduziert. Außerdem setzen wir die Auszahlung von Darlehen an neue Partnerorganisationen aus. Unser Schwerpunkt liegt nun auf unseren derzeitigen Partnern. Ihnen wollen wir durch die Krise helfen. Das bedeutet, dass wir den Partnern etwa erlauben, ihre Darlehen später zurückzuzahlen, oder dass wir trotz der erhöhten Risiken zusätzliche Liquidität bereitstellen. Während sich das Portfoliowachstum zu Beginn eines jeden Kalenderjahres relativ langsam entwickelt, können wir die ersten Auswirkungen der Coronavirus-Krise in einem marginalen Rückgang der Darlehen und Investitionen um 4,4% auf 1.017,4 Millionen Euro sehen.
Wir bewerten die potenziellen Auswirkungen der Krise auf den Wert des Anlageportfolios, um die Investitionen unserer Anleger*innen und Mitglieder zu schützen. Es ist jedoch noch zu früh, um die möglichen Auswirkungen zu messen, denn in vielen Ländern, in denen wir tätig sind, ist noch unklar, welche makroökonomischen Auswirkungen mittelfristig zu erwarten sind. Zusammen mit unseren lokalen Geschäftsstellen und Förderkreisen stehen wir in regelmäßigem Kontakt mit unseren AnlegerInnen und Mitgliedern, um ihnen unsere Aktivitäten zu erläutern und über ihre etwaigen Bedenken zu sprechen.
Insgesamt lagen die Finanzergebnisse von Oikocredit im ersten Quartal 2020 unter unseren Prognosen zu Beginn des Jahres. Wir verzeichneten einen Anstieg ausfallgefährdeter Projekte, gemessen an PAR 90 (dem Anteil des Kreditportfolios, für den die Rückzahlungen mehr als 90 Tage überfällig sind): Dieser stieg von 5,4% im vierten Quartal 2019 auf 6,8%, vor allem bei Partnern, die bereits zuvor Schwierigkeiten hatten, pünktlich zurückzuzahlen. Während wir beim Mitgliederkapital insgesamt einen Anstieg verzeichnen können (um 2,0% auf 1.152,8 Millionen Euro), hat sich der Zufluss des Kapitals insgesamt verlangsamt und die Zahl der Rückzahlungsanträge ist leicht gestiegen.
Der Wert unseres Anleiheportfolios – der Anteil des Gesamtvermögens, der für das Liquiditätsmanagement verwendet wird – ging zurück, da die Eurobondmärkte auf die durch die Pandemie verursachte finanzielle Unsicherheit reagierten. Zwar waren die Auswirkungen nicht realisierter Verluste auf unser Anleiheportfolio weitaus weniger stark als auf den Aktienmärkten, doch ist der Rückgang dieses Portfolios um einige Prozentpunkte für Oikocredit immer noch erheblich. Wir erzielten Dividendenerträge aus Kapitalbeteiligungen, mussten aber Neubewertungsverluste bei unseren Beteiligungen verbuchen. Der Nettoinventarwert pro Anteil sank geringfügig von 214,41 € auf 213,30 €.
Positiv zu vermerken ist, dass die Nettoliquidität von 19,6% des Vermögens Ende 2019 auf 21,1% gestiegen ist. Unsere Betriebskosten sind durch die Verschiebung von Neueinstellungen und weniger Reisekosten gesunken. Wir haben einige Kosten für die Anpassung der Büroräume und für die Unterstützung von Mitarbeiter*innen, die von zuhause arbeiten, aufgewendet und es könnten im Verlauf des Jahres weitere IT- oder Rechtskosten entstehen. Wir beobachten die Entwicklungen sorgfältig und bereiten uns darauf vor, auf schwerwiegendere wirtschaftliche Herausforderungen zu reagieren, mit denen unsere Partner mit ziemlicher Sicherheit konfrontiert sein werden.
Unterstützung für Partner
Oikocredit ist sich darüber im Klaren, dass viele der Menschen mit geringem Einkommen, für die unsere Partner tätig sind, von den negativen Auswirkungen von Covid-19 stark betroffen sein werden. Unsere Mitarbeiter*innen in aller Welt arbeiten eng mit unseren mehr als 600 Partnerorganisationen zusammen, um die Situation zu bewerten und Unterstützung anzubieten, wo wir können. So etwa bei der Geschäftskontinuitäts- und Liquiditätsplanung, durch virtuelle Treffen von Partnern zum Erfahrungsaustausch oder durch die Einrichtung eines Solidaritätsfonds. Zusammen mit anderen Impact Investoren haben wir uns auf Grundsätze geeinigt, um unsere Krisenreaktion und Unterstützung für Partnerorganisationen und einkommensschwache Gemeinschaften aufeinander abzustimmen.
Perspektiven für die Zukunft
Nach der Umstrukturierung von Oikocredit Ende 2019 sind wir nun eine schlankere und effizientere Organisation und haben das erste Quartal in einer starken Position begonnen. Da die Coronavirus-Krise jedoch weiterhin Auswirkungen in der ganzen Welt hat und aufgrund der Zeitverzögerung von Effekten gehen wir davon aus, dass der Wirtschaftsabschwung der kommenden Monate einige unserer Partnerorganisationen in ernsthafte finanzielle Schwierigkeiten bringen wird. Anfälligere Partner werden wahrscheinlich ihre Rückzahlungen nicht leisten können und/oder ihre Rückzahlungen umstrukturieren müssen. Wir rechnen mit weiteren Wertminderungen von Kapitalbeteiligungen und geringeren Einnahmen, da wir größere Rückstellungen für Kreditverluste vornehmen. Das Portfolio at Risk (PAR) wird wahrscheinlich weiter zunehmen.
Aufgrund dieser mittelfristigen wirtschaftlichen Auswirkungen ist es unwahrscheinlich, dass die Finanz- und Wachstumsziele, die wir uns zuvor für das Jahr 2020 gesetzt hatten, erreicht werden. Unser Ziel ist es daher, Kontinuität zu wahren und die Entwicklungen weiterhin zu beobachten und umsichtig auf sie zu reagieren. Wir werden weiterhin eng mit unseren AnlegerInnen und Partnerorganisationen zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass wir die Krise gemeinsam so effektiv wie möglich bewältigen. Und wir werden hart daran arbeiten, unseren Partnern die nachhaltige Hilfestellung zu bieten, die sie benötigen, um ihre Arbeit zur Unterstützung von wirtschaftlich benachteiligten Menschen und Gemeinschaften fortzusetzen.