Landwirtschaft und Klimawandel: Norandino im Gespräch

Landwirtschaft und Klimawandel: Norandino im Gespräch

Dienstag 06 November 2018

Die peruanische Kooperative Norandino, die sich im biofairen Handel von Kaffee und anderen landwirtschaftlichen Erzeugnissen etabliert hat, ist seit 2006 eine Oikocredit-Partnerorganisation und wird aktuell mit einer Kreditlinie von 1,2 Mio. US-Dollar unterstützt. Karl Hildebrandt vom Oikocredit Förderkreis Nordost (Berlin) konnte den Geschäftsführer, Raul Pintado, und Klehber Cruz Zurita, Kaffeebauer und ehrenamtlicher Vorsitzender der Agrarkooperative, im Rahmen ihres Besuches auf der Fairen Woche sprechen.

Was hat sich für Euch in den letzten Jahren verändert?

Zu Norandino zählen inzwischen 3.500 kleinbäuerliche Mitglieder, die in acht Basiskooperativen in den sechs nördlichen Provinzen des Landes organisiert sind. Die Anbauschwerpunkte liegen weiterhin auf Kaffee, Kakao und Panela (Vollrohrzucker), der vollständig vor Ort hergestellt und verpackt wird. Die Panela-Produktion hat nicht nur zu Mehreinnahmen geführt, sondern auch soziale Strukturen verändert: Aus Zuckerrohr wurde bei uns früher nur Schnaps gewonnen. Die eigene Verarbeitung zu Panela hat mehr Menschen und besonders auch Frauen in Arbeit gebracht. Geschlechterrollen werden aufgebrochen und der „Machismo“ ebenso zurückgedrängt wie der frühere Alkoholismus.

Eine landwirtschaftliche Wertschöpfungskette, die positiven gesellschaftlichen Wandel bringt?

Ja, auf jeden Fall. Wir sind dabei, eine eigene Kaffeeverarbeitungsanlage und -rösterei in Betrieb zu nehmen, um auch hier die Wertschöpfung bei uns zu erhöhen. In den nächsten Jahren sollen möglichst Bananen als viertes Hauptprodukt unserer Mitglieder hinzukommen. Die Mittel von Oikocredit helfen uns, Innovationen und neue Geschäftsfelder voranzubringen. Nie hat jede Familie alle Hauptprodukte. Und daneben muss auf den meist nur zwei Hektar großen Parzellen auch Raum für den Gemüse- und Obstanbau zur Eigenversorgung bleiben.

Eure Arbeit als Genossenschaft läuft also gut?

Wir sind zufrieden, dass sich immer neue Kleinbauern unserer Kooperative anschließen und dass wir mit unseren Partnern sichere Vertriebsstrukturen aufbauen konnten. Ohne den Mehrpreis des Fairen Handels und die dazugehörige Gemeinschaftsprämie könnten etwa unsere Kaffeebauern bei den stark gefallenen Weltmarktpreisen kaum überleben. Wir reden hier von Mehreinnahmen von derzeit 60 bis 80 % gegenüber dem konventionellen Markt. Ansonsten beschäftigen uns vor allem Folgen des Klimawandels.

Von den Extremfolgen des Wetterphänomens El Niño in Nordperu konnte man 2017 sogar in der Schweiz lesen.

Ja, Ende März 2017 brachte El Niñonach langer Dürre und Hitze extreme Starkregen und Überflutungen, so dass weite Teile unserer Wüstenstadt Piura in ungekannter Weise über Nacht überschwemmt wurden. Der Hauptsitz von Norandino samt der Zuckerabfüllfabrik wurde beschädigt und Panela-Vorräte zerstört. Die Schäden beliefen sich auf fast 200.000 US-Dollar. Bei den Bauernfamilien gab es vor allem Ausfälle im Kakaoanbau. Doch wir konnten als Genossenschaft die Folgen auffangen.

El Niño war ein dramatisches Einzelereignis, könnte man sagen. Doch nehmt ihr auch längerfristige Veränderungen war?

Absolut. Anbaumethoden, Wassermanagement und anderes mehr müssen angepasst werden. In den letzten Jahren haben wir zum Beispiel erlebt, wie durch Trockenheit und höhere Durchschnittstemperaturen in einigen Gebieten die Anbauhöhe für Kaffee von 1000 Meter über dem Meeresspiegel auf 1400 Meter gestiegen ist. Die Bauern waren gezwungen, neue Flächen zu erschließen und dabei auch teilweise bestehende Vegetation abzuholzen. Bereits 2008 haben wir ein Wiederaufforstungsprogramm für Pinien in noch höheren Regionen begonnen. Von angestrebten 500 Hektar konnten wir bereits 213 pflanzen.


Wie profitieren Kooperative und Bauern von dem Wiederaufforstungsprogramm?

Die neuen Wälder helfen die Böden zu stabilisieren und wir können Wasserreservoirs für die darunterliegenden Anbauflächen schaffen. Zudem werden dadurch bis zu 53.000 Tonnen Kohlendioxid-Emissionen ausgeglichen. Mit den Anpflanzungen bessern wir nicht nur unsere eigene Klimabilanz auf, sondern durch das Programm können wir auch CO2-Emissionszertifikate verkaufen, die für die Genossenschaft Mehreinnahmen bringen.

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