Die Zukunftsfrau
«Es geht nicht ums Geld»
Noch immer zeigen Studien, dass Frauen in keinem Land der Welt vollständig gleichberechtigt sind. Die Philippinen gelten diesbezüglich als Vorbild. Trotzdem ist der Weg steinig für jene, die sich dort eine Existenz aufbauen wollen. Eine Filipina nutzt das Geschäft mit der weiblichen Schönheit für ihre Emanzipation – und ihre soziale Mission.
«Schönheit ist ein gutes Geschäft.» Zweifel sind unangebracht. Angelita Tupaz kennt, wovon sie lebt. Alleine in diesem Einkaufszentrum bietet sie Haarschnitt, Pediküre, Maniküre und Bäder in drei Filialen an. Die Lage ist gut und die Nachbarschaft typisch philippinisch: geschäftig, bunt, laut. Hier sitzt Tupaz in einem ihrer roten Coiffeurstühle und erzählt ihre Geschichte.
Es begann mit tausend Franken
Schon ihr Start ins Berufsleben begann in der Branche, in der sie bis heute tätig ist. In der Hauptstadt Manila vertrieb sie Schönheitsprodukte ausländischer Anbieter. Dann kehrte sie in den Süden zurück, nach Bacolod City auf der Insel Negros.
Philippinische Frauen profitieren von weitgehender Gleichstellung. Gemäss jüngstem Bericht des Weltwirtschaftsforums WEF liegt das südostasiatische Land auf Platz 7 der Nationen mit der geringsten Benachteiligung von Frauen – vier Plätze vor der Schweiz. Doch auf dem UNO-Wohlstandsindex liegt das Land auf Platz 115, die Schweiz auf dem dritten Rang. Wer seine Lebensverhältnisse im Inselstaat verbessern will, hat es nicht leicht – egal ob Mann oder Frau. Angelita Tupaz kennt das. «Filipinas legen Wert auf gutes Aussehen», sagt sie. «Ich habe sogar eine Kundin, die dreimal pro Woche vorbeikommt.» Solche Kundentreue musste sie sich erarbeiten, Schritt für Schritt. Um die Ecke liegt ihr erster Salon. Damit hat alles begonnen. Und mit einem Kredit über fünfzigtausend Pesos, umgerechnet tausend Schweizer Franken.
Warum weiterwachsen?
Von einer philippinischen Bank Geld zur Existenzgründung zu erhalten, ist unmöglich. Stattdessen fand Tupaz den Oikocredit-Partner Negros Women for Tomorrow Foundation (NWTF). Die gemeinnützige Stiftung unterstützt «Zukunftsfrauen», wie es in ihrem Namen heisst. Mit dem kleinen Kredit und der damit verbundenen Beratung richtete Tupaz einen Laden für Haarprodukte ein. Immer wieder hat sie ihre Kredite zurückbezahlt und bald darauf grössere beantragt – für die nächste Geschäftserweiterung. Freizügig gibt sie Auskunft: «Aktuell habe ich mein zehntes Darlehen von NWTF: umgerechnet 14'000 Schweizer Franken.» Wofür braucht sie das Geld? «Ich eröffne gerade meine neunte Filiale in der Stadt.»
Was treibt die Fünfzigjährige an, weiterzuwachsen? «Mir geht es nicht ums Geld.» Sie könne gut leben von ihrem Einkommen, jeder weitere Ausbau bedeute bloss mehr Arbeit für sie. Aber eben auch für andere. Das ist ihre soziale Mission. Heute schon ist Tupaz Arbeitgeberin von 65 Angestellten. «Meine Expansion hilft mehr Menschen, eine Arbeit zu finden.»
«Mein Geschäft habe ich mit einem Darlehen des Oikocredit-Partners NWTF aufgebaut. Heute bin ich erfolgreich und bekomme Kreditangebote von Banken. Aber die damit verbundenen Schwierigkeiten will ich nicht. Ich habe mit NWTF angefangen und bleibe auch weiterhin dabei.»
(Angelita Tupaz Inhaberin von neun Schönheitssalons und Arbeitgeberin von 65 Angestellten)